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Montag, 31. Dezember 2012

Weihnachtszeit in Japan

Aus der Sicht eines Laien, der nicht einmal japanische von chinesischer Kultur trennen kann, mag der Gedanken an Weihnachten im Land der aufgehenden Sonne etwas skuril wirken. Um meinem Bruder jede post-fötuale Bemerkungen vorweg zu nehmen: Nein, es ist nicht "Oh du fröhliche Ching Chang Chong", was hier gesungen/gespielt wird. Die Weihnachtszeit in Japan begann schlagartig Mitte November. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich zum normalen Einkauf von Lebensmitteln losgeradelt bin, und hier und da LED Weihnachtsbeleuchtungen an Geschäften gesehen habe. Sehr richtig, Geschäfte, nicht Privatwohnungen und Häuser, haben hier blinkende und formvolle Beleuchtungen. Für den kommerziellen Zweck, versteht sich. Als ich, um zum Thema zurückzukommen, nun im Supermarkt ankam und zwischen rohem Fisch und Saucen nach den richtigen Zutaten für meine gebratenen Nudeln am Suchen war, vernahm ich etwas, an das ich in einem Supermarkt nicht gewöhnt war. Weihnachtsmusik...
Eine etwas an Jazz erinnernde Version von Rudolf the Rednose-Reindeer. Mein erster Gedanke war "Oh Gott! Jetzt schon?" - mein zweiter war "Moment, warum hier im Supermarkt?!" 
Später dann aber habe ich mich an das Gedudel gewöhnt. Das muss man auch, denn es wurde seit Ende November praktisch überall gespielt, wo etwas verkauft wurde. Die Auswahl der Weihnachtsmusik ist dafür, und dass muss auch mal gesagt werden, weitaus breiter gewählt, als ich es aus Deutschland gewöhnt bin. Soweit so gut. Die Tage vergingen und man kam Heiligabend immer näher. Aber was tut man denn nun an Heiligabend in Japan? Ich hatte kaum Zeit darüber nachzudenken, um ehrlich zu sein. Ich hatte noch Uni und es gab eigentlich jeden Tag irgendwas, was mich auf alle möglichen Gedanken brachte, ausser auf weihnachtliche. Die Woche vor Heiligabend traf es dann schlagartig alle. Es wurden fleißig Geschenke gekauft und Pläne für die Feiertage (die hier keine sind... man arbeitet wie gewöhnlich) geschmiedet. Ich bekam einen Weihnachtsbaum in die Hand gedrückt. "Hier, der ist für euch. Schmückt ihn und stellt ihn irgendwo auf." Was ich in der Hand hielt, war allerdings eine Box mit einem Weinachtsbaum aus Plastik. Richtige Weihnachtsbäume sind in Japan äußerst selten und unmenschlich teuer, so sagte man mir. Letztenendes habe ich dann den Baum mit 2-3 Leuten zusammen geschmückt und aufgestellt. Ein Foto davon habe ich allerdings nicht gemacht, weil ich es, um ehrlich zu sein, nicht für besonders zeigenswert hielt. Ein von einem Deutschen geschmückter Weihnachtsbaum ist, egal in welchem Land, immernoch ein von einem Deutschen geschmückter Weihnachtsbaum.
Heiligabend, hier in Japan "KU-RI-SU-MA-SU-ii-BU" (Christmas Eve) genannt, ist die der Tag der Päärchen. Man sitzt nicht mit der Familie zusammen, geht nicht in die Kirche, isst kein Festmahl und packt keine Geschenke aus. Nein, man geht mit seinem Partner aus. Stadtbummel, Shopping, Freizeitpark, etc. pp. Alles, was man sich unter einem "Date" vorstellen kann, wird zu Heiligabend für diejenigen in Anspruch genommen, die sich glücklich schätzen können, nicht Single zu sein. Alle anderen machen Weihnachtsfeiern in kleineren oder größeren Kreisen (und betrinken sich dann dort meist auf den Frust, Single zu sein). 
Ich hatte Glück, und so konnte ich einen ganzen Tag lang mich wie ein glücklicher Japaner fühlen. Die Stadt des Herbstes, über die ich schon ein Mal geschrieben habe, war der Ort des Geschehens, an dem ich den Tag verbringen sollte. Das Ziel war diesesmal allerdings nicht die schönen Herbstblätter, sondern einer der ältesten Tempel Japans, der Toshogu, der in folgendem Video zu genießen ist:

Ausserdem, und das war für mich eher das Ziel der Reise, ging es zu einem Onsen (Japanisches Bad / Thermalquelle) mit Wasser aus einer natürlichen Quelle. Ich habe aus einigen Kritikpunkten (man(n) ist nackt) entschieden, kein Video und Fotomaterial des Bades zu machen. Aber ich kann sagen, dass sich die Reise dafür auf jedenfall gelohnt hat. Das Bad war recht ausserhalb der Stadt gelegen und man musste eine weile fahren. Männer und Frauen besaßen getrennte Bereiche und es gab für jeden Bereich ein Außenbecken aus großen Groben Steinen gefertigt und nur ca. 15m² breit. Ein paar Gegebenheiten machten aber gerade das Aussenbecken zu einer besonderen Erfahrung. Zum einen war ich absolut allein. Ich hatte das ganze Bad also für mich allein. Ausserdem war es draußen dunkel, mit nur ein paar beleuchteten Bäumen, die so für eine tolle Atmosphäre sorgten. Dann war da noch die klirrende Kälte der Luft. Man bedenke, dass es Winter war und der Kontrast von Temperatur ausserhalb und innerhalb des Wassers war einfach "belebend". Und zu guter letzt natürlich das Wasser. Es roch ein wenig nach Erde und hatte die perfekte Temperatur um sich (auch bei -3°C Lufttemperatur) zu entspannen. Mit diesen schönen Eindrücken und Erfahrungen ging der Tag dann auch zu Ende und ich verbrachte nach meiner Ankunft im Wohnheim noch einige Stunden mit anderen leuten zusammen, schaute Filme und Trank Glühwein (wirklich Glühwein... den gibts hier zu kaufen... scheint beliebt bei den Japanern zu sein). Und so ging Weihnachten dann auch zu Ende. Einige Wochen vorher unternahm ich einen Ausflug ins nahgelegene Ashikaga (Stadt), welches für einen im Winter beleuchteten Blumengarten berühmt ist. Sowas ist schwer mit Kamera festzuhalten, aber ich hab es dennoch versucht und hoffe, dass man sich vorstellen kann, wie unglaublich bunt, und überwältigend hell es dort war. Nachts sieht man zwar kaum Blumen... aber ich glaube, in diesem Fall muss man das auch nicht. 
Ich hoffe, ihr habt alle ein schönes Fest gehabt. Nun geht es aufs neue Jahr zu. Bleibt gesund und vergesst eure guten Vorsätze nicht. Das gilt insbesondere für meine Familie und Freunde, denn es ist das Jahr, in dem wir uns ja alle wiedersehen. Einen Guten Rutsch!

1 Kommentar:

  1. Dir auch noch einmal alles Gute für 2013.
    Danke für deinen tollen Bericht.
    Deine Family

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