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Sonntag, 7. Oktober 2012

Angekommen im Papiersalat

Nun geselle ich mich also auch als Schreiberling zum Blog. Die Leute die nicht wissen wer ich bin, die wird es vermutlich auch nicht besonders interessieren, also ignoriere ich einfach jegliches Vorstellungsprozedere und komme gleich zum Hauptteil dieses Beitrags.
Als ich hier angekommen bin, am 28. September gegen 14 Uhr, konnte ich nicht wirklich behaupten dass ich noch sonderlich bei Bewusstsein war. Auch ich hatte nicht geschlafen. Weder auf dem ersten Flug, noch auf dem zweiten oder im Bus von Tokyo nach Utsunomiya. Dort wurde ich dann von einem jungen Japaner namens Masato abgeholt und mit dem Taxi zum Wohnheim gebracht. Mir wurde eine Chipkarte für die Tür zu meinem Zimmer in die Hand gedrückt so wie ein Umschlag mit diversen Papieren, die nicht die letzten sein sollten. Es brauchte nur ungefähr eine Minute, mein Gepäck im Zimmer abzuladen und mir die Funktionen des merkwürdigen Gasherdes zu zeigen der sich darin befand. Ich entschied angesichts des direkt darüber an der Decke hängenden Rauchmelders jedoch kurzerhand, dass meine bescheidenen "Kochkünste" es nicht wert waren, es auf einen Alarm ankommen zu lassen...

Nun ging es ungeachtet meiner überhand nehmenden Müdigkeit los in die Stadt, wozu mir mein Nachbar "Kei", ein Austauschstudent aus China, der bereits seit einem halben Jahr hier wohnt, sein Fahrrad lieh... Eine halbe Stunde später waren wir dann im Bürgerbüro. Wir hatten eine Nummer gezogen und warteten auf den Aufruf. Ich hatte ehrlich gesagt zu dem Zeitpunkt nur eine vage Ahnung, worum es eigentlich ging und als wir aufgerufen wurden und vor der Sachbearbeiterin saßen redete Masato mit ihr und sagte mir dann in welchen Formularen ich wo was eintragen sollte.
"宇都宮市石井町2980番地宇都宮大学国際交流会館C棟212号室". Das ist meine Adresse. Ich weiß gar nicht mehr wie oft ich diese verdammte Anschrift irgendwo eintragen musste, oft sogar zwei oder drei mal auf dem selben Formular und per Hand, vielleicht kam es mir aber auch nur so vor. Name hier, Name dort, in Romaji, in Katakana, Telefonnummer, Adresse... Danach wurde wieder gewartet. Nach einer halben Stunde wurden wir dann wieder aufgerufen und ich bekam meine Resident Card. Und einen Umschlag mit diversen Papieren. Erwähnte ich schon, dass das nicht die letzten waren?
Ich fragte mich nun ob wir hier fertig waren. Aber nein, natürlich nicht, ich brauchte noch eine Versicherungskarte. Nummer ziehen und warten. Während wir warteten hatte Masato die Idee, zwischendurch noch etwas anderes zu erledigen. Ich brauchte nämlich einen Namens-Stempel, der hier als rechtsgültige Unterschrift gilt. Also gingen wir schnell raus, über die Straße und in einen speziellen Laden, der die Dinger anfertigt. Es dauert etwa eine Stunde, sagte der Besitzer des vielleicht fünf Quadratmeter großen Ladens, also gaben wir den Stempel in Auftrag und gingen zurück zum Bürgerbüro um weiter zu warten. Als wir dran kamen, ging das ganze Formulargewusel von vorn los - Ich habe nicht einmal eine Ahnung was ich da alles unterschrieben habe (hab' ich doch... oder?), aber es war wohl nötig. Als ich meine Versicherungskarte bekam (inklusive weiterer Papiere), waren wir fertig. Zumindest im Bürgerbüro. Die Stunde war mitlerweile annähernd vorbei, Masato wurde angerufen dass der Stempel fertig sei. Also zurück zum Laden, den Stempel abgeholt, 1500 Yen dafür bezahlt, und weiter. Nun ging es zur Bank, denn offenbar brauchte ich ein japanisches Konto. Wieder zogen wir eine Nummer und warteten. Das scheint man hier übrigens bei ziemlich vielen Gelegenheiten zu tun, nicht nur in Ämtern...
Ein Konto zu eröffnen war wohl einfacher als eine Versicherung zu bekommen, ohne Masato hätte ich jedoch trotzdem nichts zu Stande gebracht. Adresse hier, Name dort, Telefonnummer, Unterschrift (Stempel) - Und ich bekam noch mehr Papier.
Als wir mit der Bank fertig waren, war es ungefähr 17 Uhr. Und dunkel. Wieso zur Hölle war es schon dunkel?! Das Zirpen der Zikaden fiel mir nun auch erst einmal richtig auf - und verdammt, sind die Viecher laut. Wieder angekommen im Wohnheim musste Masato sich verabschieden und statt dessen zeigte mir Kei den nächsten Supermarkt, wo ich schnell ein bisschen was kaufen konnte. Den Weg zurück fand ich allein und vor dem Wohnheim stieß ich dann auf Rafael. Nach einer kurzen Begrüßung ging ich rein, denn ich wollte endlich duschen und am liebsten auch schlafen, doch nach der Dusche war ich wieder erstaunlich wach und blieb doch noch länger auf. Ungefähr um 21 Uhr ging ich dann ins Bett und schlief durch bis etwa 6 Uhr morgens. Aber was macht man um 6 Uhr morgens?! Ich hatte die nächsten paar Tage Zeit das herauszufinden, denn völlig egal wann ich ins Bett ging, ich wachte wie durch Zauberhand spätestens um 6:30 wieder auf und habe bis jetzt noch nicht die geringste Ahnung, warum.
Am Sonntag entschied ich mich, mir die Papiere mal genauer anzusehen. Ich hatte schließlich genügend Brennmaterial bekommen, das sollte eine Weile vorhalten. Gefühlt hat das meiste mit Mülltrennung zu tun. Als ich die Grafik zur Mülltrennung sah war mein erster Gedanke "Man kann es auch übertreiben..."
Die Kategorien lauten wie folgt:
1) Zeitungspapier, 2) Pappe, 3) Magazine und anderes Papier, 4) Getränkekartons, 5) Stoff, 6) Glasflaschen und Dosen, 7) PET Flaschen, 8) Weiße Styroportabletts (Die Deckel der PET Flaschen müssten übrigens, ebenso wie die Etiketten, gesondert entsorgt werden...)
9) Plastikverpackungen ... es gibt noch vier weitere Kategorien... Aber genug zum Müll.

Unter den Papieren die ich beim Einzug ins Wohnheim bekommen hatte, waren auch ein paar Formulare, die ausgefüllt im Sekretariat der Uni abgegeben werden wollten. Am Montag (Oder Dienstag?) ging es also dort hin. Ich habe die Papiere so gut ausgefüllt wie ich konnte (Schon wieder die Adresse...) und wollte sie abgeben, merkte dann jedoch, dass ich dafür wieder einmal ein Passfoto brauchte (Als hätte ich vor der Reise in Deutschland noch nicht genug Passfotos auf irgendwelche Formulare geklebt). Glücklicherweise hat die Uni am anderen Ende des Campus einen eigenen Fotoautomaten, welcher zwar nicht günstig aber einfach zu benutzen war. Auch ein Kontaktformular sollte ausgefüllt abgegeben werden doch da ich zu dem Zeitpunkt noch kein Handy und daher keine eigene Telefon- oder Mobilmail-Adresse hatte, habe ich dieses Blatt noch immer...

Nach dem Einstufungstest am Dienstag, der mir vorkam als wäre ich nur gefragt worden in welchem Kurs ich denke, dass ich klar kommen würde, fand Nachmittags dann eine Einführungsveranstaltung statt. Es kam mir vor als seien mehr Lehrer anwesend als Studenten und alle stellten sich kurz vor und sagten etwas, bevor dann von großen Stapeln Kursverzeichnisse ausgeteilt wurden. Ein Blick in einen Syllabus (Jeder bekam zwei verschiedene plus ein Heft in dem die Kurse für uns standen und ein Heft in dem wohl die Räume der Kurse stehen sollten... oder so) genügte mir um zu  erkennen dass ich das meiste davon ohnehin nicht würde lesen können, also konzentrierte ich mich auf's Zuhören. Während Frau Qi, eine Chinesin die uns Japanisch auf höchst akzentgeschwängertem Englisch beizubringen versucht, das Kursbelegungssystem erklärte, wuchs erst die Verwirrung, bis dann schließlich die meisten wohl verstanden wie es funktionierte - Bis dann jemand nochmal nachfragte und sich herausstellte dass das genaue Gegenteil von dem was wir dachten der Fall war.
Es war ... anstrengend.

Ach ja, der Handykauf. Nachdem ich aufgrund der Tatsache dass bei meiner Ankunft kein freies Fahrrad mehr für mich übrig war mir selbst eins kaufen musste, war ich bereits so unangenehm knapp bei Kasse, dass der Kauf eines Mobiltelefons mich nicht wirklich begeisterte. Aber haben musste ich dennoch eins. Ich hatte mich also erneut mit Masato verabredet, damit er mit mir losgeht um mir ein Telefon zu besorgen - mir wurde nämlich nahegelegt, dass das gar nicht so einfach war... zu recht.
Ich fragte vorher, welche Papiere ich brauchen würde, packte diese ein und los ging es zur Bell Mall, denn dort gab es einen Softbank Shop. Auch dort zog man gewohnheitsmäßig Nummern und wartete darauf, bedient zu werden. Es stellte sich allerdings heraus, dass ich entweder meinen Reisepass (der mir angesichts der Resident Card relativ unwichtig vorkommt) oder meine Versicherungskarte (die mir bei einem Handykauf noch unwichtiger vorkommt) gebraucht hätte - Es war schon spät, also verabredeten wir uns für den nächsten Tag erneut.
Beim zweiten Versuch hatte ich einfach alles dabei. Man weiß ja nie (offensichtlich). Ich hatte Masato zuvor klar gemacht, was ich genau wollte und der hat es dann dem Verkäufer erzählt. Ich habe wieder ein paar neue Papiere mit Namen und Adresse malträtiert und durfte dann mein Handy aussuchen (zumindest von der Farbe her). Schwarz, weiß, grau und dunkelblau waren populäre Modelle, erklärte der Verkäufer, und seien deshalb nicht auf Lager. Bei den Modellen die auf Lager waren hatte ich dann eine berauschende Auswahl von vier bis fünf verschiedenen Rosatönen, einem zweifelhalften Türkis oder Himmelblau, Augenkrebs verursachendem Zitronengelb oder Orange. Man kann sich vermutlich denken worauf meine Wahl fiel.
Ich habe vermutlich meine Seele verkauft, aber hey, ich hab' nun ein Handy! Yay...
Gestern fand ich in der selben Bell Mall übrigens ein Geschäft, das gebrauchte Handys verkauft.




1 Kommentar:

  1. Es gibt bestimmt einige Leute, die an einer kleinen Self-Introduction interessiert wären. Ergänz das ruhig.

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