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Samstag, 6. April 2013

Tokyo. Per Ubahn durch das Streckennetz. Don't Panic!

Anfang Januar bin ich mit einem Freund aus Deutschland zum ersten Mal für eine Woche nach Tokyo gefahren. Und am ersten März-Wochenende noch einmal, weil es mir so gut gefallen hatte. Und weil damit noch nicht schluss sein soll: Ich will nochmal!!!

Tokyo ist wirklich eine erstaunliche Stadt und hat mich in mehrfacher Hinsicht positiv überrascht - Die größte Überraschung war für mich allerdings meine allgemeine Einsicht, dass ich dort tatsächlich leben könnte... wenn man mal von den horrenden Mietkosten absieht... Während mir die paar Städte in denen ich hier bereits gewesen bin durchaus gefallen haben, wenngleich stets mit dem Nebengedanken dass ich dort nicht permanent leben wollte, gefiel mir Tokyo wirklich rundum als Ort an dem ich mein Leben verbringen könnte. Nicht zuletzt weil man dort so unglaublich viel anstellen kann.
Doch auch wenn der erste Besuch jetzt schon eine ganze Weile her ist, versuche ich mal, diesen halbwegs chronologisch wiederzugeben...


Im Vorfeld hatte ich im Internet nach günstigen Übernachtungsmöglichkeiten gesucht und hatte dort dann ein Hostel gefunden, das sich zwar nicht als das aller günstigste, jedoch als das beste Hostel herausstellte, in dem ich bisher übernachtet habe. Es befindet sich ungefähr fünf bis zehn Minuten zu Fuß von der Minamisenju Metro-Station und war relativ einfach zu finden, nachdem man denn mal in Tokyo angekommen war.
Da mein Freund von der Benutzung der japanischen Bahn noch weniger Ahnung hatte als ich, was schon erstaunlich war, durfte ich mich im Grunde nun zum ersten Mal selbst darum kümmern, wie wir von Utsunomiya nach Tokyo kamen. Ich hatte dann auch prompt den Fahrplan offensichtlich missverstanden und wir mussten irgendwo umsteigen - Ein sehr freundlicher Bahnangestellter, der jedoch augenscheinlich nicht viel mehr Ahnung hatte als ich selbst, half uns dabei den richtigen Zug zu finden - doch am Ende kamen wir tatsächlich an der Ueno-Station in Tokyo an. Von dort aus nahmen wir dann erst einmal die Ubahn um zur Minamisenju-Station zu gelangen. Dort angekommen fiel uns ein Lift auf, mit einem Schild davor: "4:30 - 25:00". Wir fragten uns ob dieser Aufzug wohl jemals schließen würde... Nun weiß ich allerdings, dass es in Japan normal ist, Zeiten nach Mitternacht so anzugeben. Merkwürdig.

Beim Hostel angekommen konnten wir nach dem Check-In erst einmal unsere Sachen in das Zimmer bringen und uns entscheiden, was wir wohl mit dem Rest des Tages anfangen wollten. Wir entschieden uns, einfach so durch die Gegend zu laufen. Der Mann an der Rezeption beschrieb uns kurz und knackig, wie das Streckennetz der Ubahn funktionierte - Im Grunde wird es von zwei Firmen betrieben, der Tokyo Metro und der Toei Subway. Man konnte entweder ein Tagesticket von einem der beiden bekommen oder ein Kombi-Tagesticket. Da jedoch das Tokyo Metro Ticket günstiger und Minamisenju eine Metro Station ist, fuhren wir ausschließlich Metro, was vollkommen ausreicht, denn damit kommt man innerhalb von Tokyo im Grunde überall hin. Wenn man wollte, könnte man beinahe die komplette Stadt durchqueren ohne ein einziges Mal Tageslicht sehen zu müssen...
Zunächst liefen wir jedoch einfach nur durch die Gegend. Vom Hostel aus konnte man den Tokyo Sky-Tree sehen, also gingen wir in Ermangelung einer besseren Idee erst einmal darauf zu. Ich gebe zu, aus der Ferne sah das Ding irgendwie näher aus...

Irgendwann kamen wir aber dennoch dort an und ich sah mir die Preise an. Um hinauf zu fahren hätte man 2000 Yen (etwas weniger als 20 Euro) bezahlen müssen, ebenso für den Besuch des Aquariums, was mir das Geld einfach nicht wert war. Nachdem wir etwas in dem kleinen Einkaufszentrum unter dem wirklich riesigen Turm gestöbert hatten, gingen wir noch etwas weiter, fanden jedoch in diesem Stadtteil spontan nichts besonderes mehr und machten uns wieder auf den Rückweg zum Hostel.
Am nächsten Tag machten wir uns dann auf zum Stadtteil Chiyoda. Wir hatten im Internet ein "Wissenschafts-Museum" gefunden, das wir hatten sehen wollen, doch als wir es gefunden hatten und da durch gegangen waren, war uns klar, dass wir uns das Geld und die Zeit auch hätten sparen können. Das Ding war viel weniger ein Museum als ein vierstöckiger Kinderspielplatz, beinahe wie das Universum in Bremen, nur in schlecht. Aus Fehlern lernt man... oder auch nicht...


Da wir nun schon einmal in Chiyoda waren, wo sich auch der Kaiserpalast befindet, sind wir einfach dort geblieben und ein wenig durch die Gegend gelaufen. In den Park konnten wir zwar nicht mehr, denn der hatte geschlossen während wir uns im Kinderparadies "amüsiert" hatten, aber sehen konnte man schon etwas.
Es hätte mich nicht gewundert wenn ich vor Reizüberflutung Kopfschmerzen bekommen hätte. Besonders verwirrt haben mich die Club Sega Arcades, mehrstöckige Spielhallen von denen es in Tokyo diverse gibt. In einen davon sind wir hinein gegangen. Auf den untersten beiden Stockwerken gab es diese Greifarm-Spiele mit denen man irgendwelche Anime-Figuren aus den Automaten bekommen konnte, deren Sinn sich mir jedoch nicht wirklich erschließt. Auf den nächsten Stockwerken gab es dann irgendwelche Strategie- oder Rennspiele von denen ich noch nie gehört hatte und im Grunde war ständig alles belegt. Der Laden war dunkel, obwohl alles leuchtete, und gefüllt mit übermäßig lauten Tönen aus einem gefühlten Dutzend Songs inklusive sämtlicher Spielgeräusche.



In den nächsten Tagen sahen wir uns dann allgemein die Stadt ein wenig an. Die große Kreuzung in Shibuya ist übrigens scheinbar zu jeder Nachtzeit ebenso belebt wie tagsüber, Harajuku hatte uns beide als Nicht-Klamottenshopper eher weniger gereizt und Akihabara blinkt und glitzert und leuchtet wie verrückt. Tatsächlich haben wir uns eigentlich zumeist nach dem Prinzip orientiert: "Dort leuchtet es heller, lass uns da hin gehen!"




An einem Abend fuhren wir so gut wir konnten in Richtung Tokyo-Bucht, denn ich wollte Bilder von der Rainbow Bridge machen. Mit Sicherheit hätte es einen deutlich einfacheren und kürzeren Weg dorthin gegeben, doch wir waren beide dagegen, mehr Geld auszugeben als wir mussten, und so hatten wir eine ganze Menge Laufweg zwischen der letzten Metrostation und dem Punkt von dem aus man die Brücke sehen konnte.
Auf dem Rückweg waren wir allerdings so genervt vom Laufen, dass wir doch einfach die Monorail genommen haben um zurück zur Metro zu kommen.
Mitlerweile hatte sich mein Freund den Magen verdorben und wollte erstmal für wenigstens einen Tag gar nichts mehr. Bemitleidenswert, klar, aber wenn man sich Tagelang von Cola und Melon-Bread ernährt ist das wenig verwunderlich.
Da das Wetter nicht all zu schlecht war, nahm ich mir die Zeit und ging in den Zoo in Ueno. Für die Fotos die ich gern mache bin ich ohnehin idealerweise allein unterwegs, daher traf sich das erstaunlich gut. Der Zoo ist gar nicht mal so klein und im Grunde ziemlich angenehm und nachdem ich im Grunde den ganzen Tag dort verbracht hatte ging ich mit einigen Fotos wieder heraus - Mitlerweile war ich in diesem Zoo bereits drei mal. Jaja. Ich habe einen Knall.



Am nächsten Tag ging es meinem Freund wieder mehr oder weniger gut, so dass er tun konnte was er geplant hatte. Er spielt gern Go - ein japanisches Brettspiel, das manche Leute gern mit Schach vergleichen, womit es aber nicht das geringste gemeinsam hat, wenn man von dem Prinzip "Schwarz gegen Weiß" mal absieht - und wollte daher den Nihon Ki-In besuchen, die Japanese Go Association, die ihren Hauptsitz in Tokyo hat. Da mir persönlich jedoch Go am Allerwertesten vorbeigeht, wenngleich ich es spielen kann, verbrachte ich diesen Tag wieder allein. Kein Problem. Im Internet hatte ich nach einem weiteren Museum gesucht und auch endlich genau das gefunden was ich wollte - Das Nationale Wissenschafts- und Naturkundemuseum, das sich ebenfalls im Stadtteil Ueno befand. Tatsächlich nur einen Steinwurf vom Zoo entfernt. Ich weiß, ich gehe nach Tokyo und besuche Zoos und Museen die es auch in jedem anderen Land gibt. Na und? Ich bin in Japan!




Während also mein Freund seinen Tag Go-spielend verbrachte, hatte ich Spaß dabei, mir alles anzusehen, was das Museum zu bieten hatte. Am nächsten Tag gingen wir dann dort zusammen noch einmal hinein, zum einen weil ihn das Zeug auch unheimlich interessiert, zum anderen weil mir bei interessanten Dingen Wiederholungen nichts ausmachen. Warum auch nicht?
Das letzte was wir in Tokyo besuchten war dann der Tokyo Tower. Der Sky Tree ist zwar höher und allgemein ein ganzes Stück beeindruckender, doch wie bereits erwähnt verdammt teuer. Daher musste der Tokyo Tower eben ausreichen, was er aber auch tat.
Der rotweiße Fernsehturm im Stadtteil Minato wurde in den späten Fünfzigern erbaut und sieht nicht nur zufällig dem Eiffelturm in Paris ähnlich, denn dieser diente als Vorbild.
Mit einer Gesamthöhe von etwas über 330 Metern besitzt der Tokyo Tower zwei Aussichtsplattformen, von denen sich eine auf 150 und die zweite auf 250 Metern Höhe befindet. Für beide muss man separat bezahlen, was aber nicht der Grund war, aus dem wir uns lediglich bis zur ersten Plattform hochwagten. Die Wartezeit für die obere Aussichtsplattform lag bei über einer Stunde, und darauf hatten wir einfach keine Lust, zumal man auch von der 150-Meter-Plattform einen wunderbaren Blick auf das nächtliche Tokyo hatte, auch wenn das Wetter nicht ideal war.

Nun war es auch schon vorbei mit Tokyo und am nächsten Tag verabschiedete ich mich an der Keisei Station in Ueno von meinem Freund, der sich von dort aus wieder über den Flughafen zurück gen Heimat begab.






Hier habe ich übrigens noch Rafaels Video, von seinem eigenen Abstecher nach Tokyo. Viel Spaß!




Ich selbst wollte in Tokyo noch auf meine Freundin warten, die aus Nagasaki zurück kam und mit der ich zusammen zurück nach Utsunomiya zu fahren beabsichtigte. Gegen zwei Uhr sollte sie ankommen. Sollte.
Es hatte bereits den ganzen Morgen geregnet und es sah nicht aus als würde es in nächster Zeit irgendwann mal aufhören - das tat es auch nicht. Ich kaufte mir einen Regenschirm und wusste mit meiner Zeit gerade nichts besseres anzufangen, als noch einmal durch den Zoo zu schlendern. Es war fast niemand dort - warum auch, bei dem Wetter? Gegen Mittag schlug der Regen dann in Schnee um. Und was für einen! Tatsächlich mussten die den Zoo frühzeitig schließen weil es einfach zu rutschig wurde und die mit dem Räumen nicht hinterher kamen. Zudem bekam ich einen Anruf von meiner Freundin die mir sagte dass ihr Flieger aufgrund des Wetters nicht in Tokyo landen konnte, sondern nach Kobe ausweichen musste - Von dort aus musste sie dann den Schnellzug nach Tokyo nehmen, was jedoch länger dauerte. Nach einem ganzen Tag im verschneiten und arschkalten Tokyo trafen wir uns dann doch gegen 18 Uhr am Hauptbahnhof. Oder eher gegen 18:30, weil das verdammte Gebäude so riesig ist, dass wir eine halbe Stunde brauchten um uns zu finden!
Natürlich wollten dank  des Schneechaos auch kaum noch Züge fahren und im Endeffekt mussten wir noch ein paar Stunden warten, bis endlich ein Zug (der letzte) aus Ueno sich in Richtung Utsunomiya davon machte. Es war... anstrengend.

In diesem Sinne: Yay! Tokyo!!! Ich weiß. Satzzeichen sind keine Rudeltiere.

Und weil es so einen Spaß macht, habe ich hier mal eine kleine Liste von Vorurteilen zusammengestellt, die man als Ausländer gern mal mit Tokyo in Verbindung bringt, wenn man noch nicht dort war.

1) Tokyo ist riesig, laut, eng und hat eine hohe Luftverschmutzung
Es handelt sich bei Tokyo zwar um die größte Stadt der Welt mit  über 35 Millionen Einwohnern, sie ist jedoch nicht lauter oder enger als jede beliebige andere Großstadt. Im Gegenteil findet man sogar eine Zahl großer öffentlicher Parks mitten im urbanen Dschungel. Die Luft ist für eine so riesige Stadt auch erstaunlich sauber und im Grunde nicht anders als in Utsunomiya.

2) Das Ubahn-Netz ist selbst für Einheimische teilweise vollkommen unverständlich
Das halte ich für Unsinn. Ich selbst habe noch nie ein so einfach verständliches öffentliches Transportnetz gesehen. Während die Linien-Karte auf den ersten Blick aussehen mag wie ein großer Haufen bunter Spaghetti, lässt die Ubahn sich viel einfacher benutzen als man ahnen würde. Man kann sich im Grunde nicht einmal verlaufen, so lang man weiß wo der nächste Ubahn-Eingang ist. Und die sind eigentlich überall.

3) Ohne Japanisch kommt man hier überhaupt nicht klar
Falsch. In Tokyo kann man auch gänzlich ohne Japanisch-Kenntnisse gut zurecht kommen. Während in Utsunomiya fast niemand des Englischen mächtig ist, reicht das in Tokyo vollkommen aus. Überall wo es wichtig ist, steht meistens eine Übersetzung auf Englisch - Und kann man die nicht finden ist die Chance groß, dass man einfach nur nicht richtig hingesehen hat. Wir wurden auf der Straße sogar drei mal ganz unvermittelt angesprochen - auf Englisch - ob wir Hilfe bräuchten. Obwohl dem nicht so war und ich mich leicht beleidigt fühle wenn die Einheimischen pauschal davon ausgehen ich verstünde kein Wort Japanisch, weiß ich die Geste sehr zu schätzen.

4) Als Ausländer ist man eine Kuriosität und wird ständig angestarrt
Nicht wirklich. Gerade in Tokyo ist man sehr an Ausländer gewöhnt und während kleine Kinder teilweise schon mal anfangen erstaunt zu starren, lässt man die Erwachsenen eigentlich vollkommen kalt und sie würdigen einen in den meisten Fällen nichtmal eines Blickes. Man könnte im Grunde herumlaufen wie ein bunter Hund und es würde trotzdem die wenigsten interessieren.
Tatsächlich angestarrt wird man ironischerweise allerdings eher von anderen Ausländern!

5) Unterhöschen-Automaten?
Ha! Fehlanzeige. Ich weiß nicht woher diese Geschichte kommt, aber ich war in mehr als zwei oder drei Distrikten unterwegs und habe solcherlei Automaten nie zu Gesicht bekommen. Sollte es so etwas geben, habe ich keine Ahnung wo. Getränkeautomaten findet man allerdings alle hundert Meter.

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