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Dienstag, 24. April 2012

Trotz Warnung 30 Jahre genutztes Bauteil hat Mitschuld an Fukushima-Katastrophe (spreadnews.de)


23. April 2012, Autor: 
Foto des Tsunami am AKW Fukushima am 11.03.2011 Foto: Tepco
Fukushima: Elektrisches Bauteil versagte während der Krise (Foto: TEPCO)
Die Woche scheint in Japan positiv zu beginnen, sorgt doch das Erblühen eines tausend Jahre alten Kirschbaumes in der Ortschaft Miharu, der aufgrund seiner wasserfallartig herabhängenden Äste unter dem NamenMiharu Takizakura (“Wasserfall-Kirschbaum von Miharu”) als nationaler Naturschatz anerkannt ist, nicht nur an seinem Standort in der Präfektur Fukushima aktuell für Schlagzeilen.
Alt war allerdings auch eine Sicherheitsvorkehrung am Kernkraftwerk und trug womöglich zum Fukushima-Unglück bei. Details zu diesen Fukushima News und weitere Meldungen auch heute imSpreadnews Japan-Ticker vom 23. April 2012.
Unsere Themen am heutigen Montag:
  • Risiko für einige AKW nach oben korrigiert
  • Tsunami über 35 Meter für Hokkaido erwartet
  • Strahlungsgrenzwerte für Aufbauhelfer
  • Erdbebensicherheit von Fahrstühlen in Überarbeitung
  • Keine Evakuierungspläne für Millionen von Menschen
  • Werbung für AKW Oi Neustart
30 Jahre altes Bauteil trägt Mitschuld an Fukushima-Unglück: Ein Leitungsschutzschalter dessen mangelhafte Erdbebensicherheit bereits 1978 festgestellt worden war, blieb dennoch mehr als 30 Jahre lang in Betrieb und trug zum Abbruch in der externen Stromversorgung des AKW Fukushima Daiichi während des Tohoku-Erdbeben und Tsunami bei. Das berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo am Sonntag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Quellen.
Der Leitungsschutzschalter, der an einer Stelle eingebaut worden war um von dort Elektrizität von Quellen außerhalb des Kraftwerks einleiten zu können, brach unter dem Tohoku-Erdbeben Tsunami zusammen, so die Quellen. Ein Bericht eines Forschungsinstitus über elektrische Anlagen, hatte bereits im Oktober 1978 erklärt, dass diese Art des Schalters im Falle eines Erdbebens nicht sicher genug sei.
Nachdem während des Tohoku-Erdbebens am 11. März 2011 das Gerät ausgefallen war, überschmetterte der Tsunami alle Energieversorgungssysteme des sechs Reaktoren umfassenden Komplexes, so dass die Anlage ohne externe Stromversorgung war. Als die Wellen des Tsunami auch die meisten der Diesel-Notfallgeneratoren unbrauchbar machte, fiel das Kühlsystem an den Reaktoren 1 bis 4 aus und führte zu Japans bislang größter Atomkatastrophe.
Risiko für einige AKW nach oben korrigiert: Mehrere Atomkraftwerke könnten von stärkeren Erdstößen erschüttert werden, als bislang angenommen, meldet am heutigen Montag die Nachrichtenagentur Kyodo. Das geht aus heute vorgelegten Berichten der Energieversorger hervor.
Betroffen von den schwereren Erdbeben wären demnach das AKW Tomari (Präf. Hokkaido), das vom Konzern Hokkaido Electric betrieben würden, als auch das  AKW Tsuruga (Präf. Fukui) des Elektrizitätsanbieters Japan Electric, heisst es in den Berichten.
Die Neuberechnungen waren Teil von Analysen, welche die Unternehmen nach Aufforderung der japanischen Atomsicherheitsbehörde NISA durchgeführt hatten. Dabei wies die NISA die Stromerzeuger an, auch die bislang nicht berücksichtigte Möglichkeit gleichzeitiger Verschiebungen mehrerer aktiver Verwerfungen dabei einzukalkulieren.
Interessant ist, dass ausgerechnet Angesichts des wahrscheinlichen Neustarts des AKW Oi (Präf. Fukui) sowohl dort, als auch an anderen Standorten, wie dem AKW Kashiwazaki-Kariwa (Präf. Niigata), dem AKW Mihama (Präf. Fukui) und dem AKW Shiga (Präf. Ishikawa) die Stärke der Erschütterungen geringer eingeschätzt werden, als die schwersten vermuteten Erdbeben.
Tsunami über 35 Meter für Hokkaido erwartet: Ein Ausschuss unter der Leitung von Tsutomu Sasatani, früher Professor an der Universität Hokkaido, hat die bisherigen Schätzungen über die mögliche Höhe eines Tsunami im Fall, dass sich mehrere aktive Verwerfungen im Meeresboden gleichzeitig in Bewegung setzen und dadurch ein großes Erdbeben auslösen überarbeitet und kommt zu dem Schluss, dass ein Tsunami mit einer Höhe von über 30 Metern Höhe insgesamt fünf Orte entlang der Pazifikküste von Japans nördlichster Präfektur Hokkaido treffen könnte. Das berichtet die Nachrichtenagentur jiji.
In einem vorläufigen Bericht warnt der Ausschuss vor dem Worst-Case-Szenario, in dem der Hafen Tokachi der Ortschaft Hiroo mit einem Tsunami von 35,1 Metern konfrontiert würde – deutlich höher als die von der Regierung bislang geschätzten 22 Meter vor der Ortschaft Erimo, südlich von Hiroo. Die neue Schätzung liegt auch über der Schätzung von 34,4 Metern, die vom Kabinettsbüro für die Ortschaft Kuroshi (Präf. Kochi)  angegeben wurde.
Insgesamt seien sechs weitere Städte und Ortschaft betroffen, darunter die Stadt Kushiro und das Dorf Urahoro, wo Tsunami zwischen 20 und 30 Meter befürchtet werden könnten. Weitere sechs, darunter die Stadt Hakodate und die Ortschaft Shiranuka, müssten mit Wellen von 10 bis 20 Metern rechnen. Der vollständige Bericht soll in ein bis zwei Monaten vorliegen.
Die Yomiuri Shimbun berichtet von den selben Schätzungen, beruft sich dabei jedoch auf Sedimentforschungen des Expertenausschusses unter Leitung des emeritierten Professors Minoru Kasahara, die ein Erdbeben zwischen 8,6 und 9,1 prognostizieren und die neuen Tsunamischätzungen stützen.
Strahlungsgrenzwerte für Aufbauhelfer: Nach Angaben des Gesundheitsministeriums werde man jetzt Maßstäbe für die zulässige radioaktive Belastung für Arbeiter in den Katastrophenregionen erlassen. Das Ministerium sieht diesen Schritt als notwendig an, da die Arbeiten zum Wiederaufbau in der Präfektur Fukushima beginnen würden. Gegenwärtig gibt es lediglich Strahlungsgrenzwerte für die Arbeiter die am AKW Fukushima Daiichi tätig sind und für jene, die Dekontaminationsmaßnahmen durchführen, jedoch nicht für Bauarbeiter und andere Kräfte.
Künftig werden die Arbeitgeber in Gebieten, in denen eine jährliche Belastung von mehr als fünf Millisievert erwartet wird dazu verpflichtet, alle Arbeitern mit einem Dosimeter auszustatten und regelmäßige Gesundheits-Checks die mindestens einmal pro Jahr stattfinden müssen, durchzuführen. In anderen Gebieten sei eine derartige Einzelkontrolle jedes Arbeiters dagegen nicht notwendig, berichtet die Yomiuri Shimbun über die Pläne am vergangenen Freitag.
Fahrstuhl in Japan (Foto: pd)
Fahrstuhl in Japan (Foto: pd)
Erdbebensicherheit von Fahrstühlen in Überarbeitung:In einer Meldung vom gestrigen Sonntag berichtet die jiji über die Pläne des Ministeriums für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus (MLIT), die Sicherheitsmaßnahmen bereits vorhandener Fahrstühle in Gebäuden zu verstärken um künftig auf stärkere Erdbeben vorbereitet zu sein und beruft sich dabei auf informierte Quellen.
Bis zum März 2013 soll demnach die Renovierung von Fahrstühlen für zusätzliche Sicherheit von der Behörde bezuschusst werden, um auf Ereignisse wie das erwartete Beben in Tokyo vorbereitet zu sein, heisst es.
Bereits 2009 waren die Regelungen des Gesetzes für Gebäudestandards überarbeitet und Bauherren bei neuen Projekten zur Sicherung der Fahrstuhltüren, Strukturverstärkung gegen Erdbeben und zur Einführung eines Mechanismus, der selbst bei kleinen Beben einen sofortigen Halt im am nahesten vorhandenen Stockwerk ermöglicht.
Dennoch sind bei vielen der etwa 700.000 bereits vorhandenen Fahrstühlen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen noch nicht getroffen worden – haupstächlich aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten.
Keine Evakuierungspläne für Millionen von Menschen: Eine Untersuchung durch die Mainichi Shimbun zeigt, das selbst nach der Katastrophe am AKW Fukushima Daiichi praktisch keine der örtlichen Verwaltungen in Hokkaido und weiteren 20 Präfekturen über umfassende Evakuierungsmaßnahmen für die rund 4,42 Millionen Einwohner, die innerhalb eines 30-Kilometer-Radius um ein Atomkraftwerk herum verfügen – so die Berechnungen von Professor Kenji Tani von der Universität Saitama anhand der Volkszählungszahlen 2005.
Japan-Karte: Präfektur-Fukushima radioaktiv (Foto: pd)
Fukushima: Hotspots auch in Gebäuden entdeckt (Foto: pd)
Die Mainichi Shimbun fragte bezüglich eines Evakuierungsplans neben den Präfekturen Hokkaido, Kyoto, Nagasaki auch bei 18 weiteren Präfekturen an, die Gemeinden innerhalb dieser Zone haben. Das Ergebnis zeigt, dass lediglich die erstgenannte Präfektur Hokkaido über einen Evakuierungsplan für 75.000 Personen in der Nähe des AKW Tomari verfügt. Diese sollen bei einem Störfall mit 1.500 Bussen evakuiert werden.
Tatsächlich ziehen die Präfekturen mehrheitlich nur Evakuierungen durch Automobile in Betracht – durch die begrenzte Anzahl von Straßen und Brücken in den Gebieten, die Anzahl der Evakuierenden und die schlechten Evakuierungswege werde es vielfach zu Verkehrsbehinderungen kommen und die Flüchtlinge auf der Strecke stranden lassen.
Mit Ausnahme der Präfektur Gifu, wo keine Menschen innerhalb einer AKW-Zone leben, gaben die 19 übrigen Präfekturen an, man denke über Evakuierungsmaßnahmen nach, oder wolle dies tun. Die Präfektur Ibaraki sagte, dies sei sehr schwierig. Was die Unterbringung angeht, so verfügen lediglich die Präfekturen Saga und Nagasaki über mögliche Evakuierungszentren für Flüchtlinge.
Bei der Evakuierung von stationären Patienten und pflegebedürftigen älteren Menschen sagte lediglich die Präfektur Fukuoka, man könne im Katastrophenfall derartige Personen aufnehmen, während die Präfektur Nagasaki erklärte, es sei schwierig freie Betten zu finden.
Werbung für AKW Oi Neustart: Wie bereits am Freitag angekündigt, besuchte der leitende Vizeminister für Industrie, Seishu Makino, die Präfekturen Kyoto und Shiga, um bei den dortigen Gouverneuren für Unterstützung des Neustartvorhabens zu werben. Beide Präfekturen grenzen an den Standort des AKW Oi (Präf. Fukui). Hierüber berichteten die Nachrichtenagenturen jiji und Kyodo.
Nach den Ausfürungen von Makino über die Ansicht der Regierung in Tokyo, die beiden Reaktoren des AKW Oi seien als sicher anzusehen, erklärte Yukiko Kada, Gouverneuren von Shiga, man werde eine Entscheidung erst nach Diskussionen mit einem speziellen Atomkomitee, das in kürze zusammengestellt werden soll, als auch Gesprächen innerhalb der Präfekturversammlung und mit Bürgern fällen.

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